Hinschauen &
Handeln

Psychische Auffälligkeiten

Selbstverletzendes Verhalten

Selbstverletzendes Verhalten ist eine bewusste Schädigung des eigenen Körpergewebes meistens ohne suizidale Absichten. Häufige Formen sind schneiden, ritzen, kratzen, sich selbst schlagen, beissen oder verbrennen der Haut – oft an Armen, Handgelenken oder Oberschenkeln. 

Grundsätzlich

  • Selbstverletzendes Verhalten wird oft genutzt, um negative Gefühle zu regulieren und innere Anspannung abzubauen.
  • Nur selten dient die Selbstverletzung dazu, mehr Aufmerksamkeit zu bekommen. Die meisten betroffenen schämen sich für ihre Wunden und Narben.
  • Anstelle von Klassen- oder Schulinterventionen sollte individuell vorgegangen werden. Gespräche sollten direkt mit dem betroffenen Schüler oder der betroffenen Schülerin geführt und gemeinsame Lösungen gefunden werden.
  • Menschen, die sich selbst verletzen, haben ein erhöhtes Risiko, einen Suizidversuch zu unternehmen.

Warnzeichen

  • Frische oder heilende Wunden oder Narben unklarer Herkunft
  • Häufige, nicht erklärbare Schnittwunden, Prellungen, Verbrennungen oder Narben an Handgelenke, Armen, Oberschenkel oder am Bauch
  • Unpassende Kleidung (lange Ärmel beim Sportunterricht, Hosen im Sommer)
  • Verweigerung von Sport- oder Schwimmunterricht
  • Rückzug, Vernachlässigung beliebter Interessen und des Freundeskreises
  • Äusserung von Wertlosigkeit und Hoffnungslosigkeit
  • Texte oder Zeichnungen bezogen auf selbstverletzendes Verhalten

Anlaufstellen

Dokumente

Gesprächsnotiz Eltern Gesprächsnotiz Schüler:in

Weiterführende Informationen

Empfohlenes Vorgehen

  • Überstürzen Sie nichts: Tauschen Sie sich zuerst mit Ihrem Team und der Schulsozialarbeit über Ihre Beobachtungen aus. Notieren Sie sich diese Beobachtungen als Gesprächsgrundlage.  
  • Lassen Sie sich vom Schulpsychologische und logopädische Dienst beraten und unterstützen. Selbstverletzendes Verhalten kann bei den Menschen im Umfeld Überforderung oder Ratlosigkeit hervorrufen.
  • Besprechen Sie mit dem Team, der Schulsozialarbeit und der Fachperson, wer den betroffenen Schüler oder die betroffene Schülerin anspricht. Meist ist das eine Lehrperson oder der Schulsozialarbeit, in Abhängigkeit von Funktion, Beziehen und Ressourcen. 

Schüler:in ansprechen

  • Sprechen Sie den betroffenen Schüler oder die betroffene Schülerin unter vier Augen an einem ruhigen, ungestörten Ort direkt an.
  • Drücken Sie Ihre Besorgnis mit „Ich-Sätzen“ und keine „Du-Sätze“ aus: Sagen Sie beispielsweise nicht: „Was du tust, ist gefährlich!“, sondern: „Ich mache mir Sorgen, das dein Verhalten gefährlich sein könnte“.
  • Vermeiden Sie Vorwürfe, Tipps oder Ratschläge. Zeigen Sie Verständnis, ohne die Selbstverletzungen gutzuheissen.
  • Fragen Sie den/die Schüler:in, was ihm/ihr helfen könnte, und bieten Sie Ihre Unterstützung an.
  • Machen Sie deutlich, dass es professionelle Hilfe gibt, und unterstützen Sie den/die Schüler:in dabei, geeignete Unterstützung zu finden.

Es kann sein, dass der betroffene Schüler oder die betroffene Schülerin in einem ersten Gespräch alles abstreitet. Lassen Sie sich dadurch nicht entmutigen – oft wird die Botschaft dennoch aufgenommen. Planen Sie einen erneuten Anlauf für ein Gespräch oder vereinbaren Sie direkt ein zweites. Bei Bedarf kann nach Absprache mit dem/der Schüler:in auch eine andere Bezugsperson das Gespräch führen. Halten Sie die besprochenen Schritte und Ziele schriftlich fest im Dokument „Gesprächsnotiz Schüler:in“.

Wichtig

Menschen, die selbstverletzendes Verhalten zeigen, haben ein erhöhtes Risiko für einen Suizidversuch. Vermuten Sie, dass dies bei dem/der Schüler:in der Fall ist, sprechen Sie den/die Schüler:in direkt drauf an. Fragen Sie zum Beispiel: „Hast du Suizidgedanken?“ oder „Denkst du daran, dir das Leben zu nehmen?“.

Falls Sie ein Suizidrisiko feststellen, handeln Sie sofort:

  • Lassen Sie den/die Schüler:in nicht allein.
  • Ermutigen Sie sie, sofort professionelle Hilfe in Anspruch zu nehmen. Eine Liste mit Anlaufstellen finden Sie auf der linken Seite unter „Adressen“.
  • Informieren Sie die Eltern oder Erziehungsberechtigten.

Falls die suizidgefährdete Person keine Hilfe annehmen möchte, informieren Sie umgehend die Eltern oder Erziehungsberechtigten. Wenden Sie sich zudem an die untenstehenden Fachstellen und lassen Sie sich unterstützen:

  • SKIT: Schulisches Kriseninterventionsteam | 079 55 22 444
  • Kinder- und Jugendpsychiatrischer Dienst (KJPD) | +41 58 144 47 00
  • Kantonale Notrufzentrale | 144

Seien Sie darauf vorbereitet, dass die der/die Schüler:in wütend oder verletzt reagieren könnte. Er/Sie könnte sich verraten fühlen, wenn Sie versuchen, Hilfe zu holen. Nehmen Sie verletzende Aussagen nicht persönlich. 

Eltern informieren

Eltern sollten immer informiert werden, wenn ihre Kinder sich selbst verletzt, um die notwendige Unterstützung zu gewährleisten. Bei Anzeichen von selbstverletzendem Verhalten bei Schüler:innen sind die Lehrpersonen zum Handeln verpflichtet. Ein Gespräch mit den Eltern kann helfen, das Thema gemeinsam anzugehen, professionelle Hilfe zu organisieren und somit die bestmögliche Unterstützung zu bieten.

Das Gespräch mit den Eltern sollte in Absprache mit der betroffenen Person erfolgen, die selbst entscheidet, ob sie dabei sein möchte. Weisen Sie beim Gespräch auf die Fachstellen hin und schlagen Sie vor, den ersten Termin zu koordinieren. Planen Sie die nächsten Schritte und formulieren Sie gemeinsame Ziele. Halten Sie die besprochenen Schritte und Ziele schriftlich fest im Dokument „Gesprächsnotiz Eltern“.

Werden Sie sich den eigenen Grenzen bewusst

Selbstverletzendes Verhalten gehört in die Hände von Fachpersonen, zu denen auch die Schulsozialarbeit zählt. Als Lehrperson können Sie durch Feedbacks, Impulse und Gesprächsangebote dem betroffenen Schüler oder der betroffenen Schülerin Unterstützung signalisieren. Laden Sie sich jedoch nicht zu viel auf – Ihre wichtigste Aufgabe besteht darin, die betroffene Person und deren Eltern mit den entsprechenden Fachpersonen zu vernetzen.

Zuständigkeiten

Klassenlehrperson

  • füllt Beobachtungsbogen aus
  • bespricht Beobachtung im Team oder/und dem SSA
  • lässt sich vom Schulpsychologischen Dienst beraten
  • führt Gespräch mit der betroffenen Person
  • schreibt eine Gesprächsnotiz
  • informiert die Eltern
  • informiert Fachstelle
  • vermittelt Betroffene/r und Eltern an Fachstelle

Eltern

  • kommen zum Elterngespräch an die Schule
  • können ihr Kind auf die Fachstelle begleiten

Schüler:in

  • nimmt an Gesprächen teil
    • an der Schule
    • an der Fachstelle

Schulsozialarbeit

  • Berät und unterstützt die Klassenlehrperson 
  • übernimmt ggf. die Gespräche mit der betroffenen Person
  • führt ggf. Einzel- oder Familiengespräche

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